Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.
Am 1. Juni 2023 machte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Gipfeltreffen der „Europäischen Politischen Gemeinschaft“ (EPG)(1) in Moldau der Ukraine wenig Hoffnung auf eine schnelle Einladung zum NATO-Beitritt und betonte, dass eine zügige Aufnahme des Landes selbst nach einem Ende des russischen Angriffskrieges nicht garantiert ist:
„Es gibt sehr klare Kriterien für die Mitgliedschaft“(2),
sagte Scholz und verwies darauf, dass ein Land mit Grenzkonflikten nicht aufgenommen werden kann. Ähnlich äußerte sich die deutsche Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, sie verwies allerdings auf die NATO-Politik der „offenen Tür“. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang die Selbstbestimmung der Länder auf „freie Bündniswahl“ betont. Natürlich können die Länder frei wählen, sie haben jedoch keinen Anspruch darauf, in ein Bündnis tatsächlich aufgenommen zu werden.
So hatte Russland nie eine Chance, ein Mitglied der NATO zu werden. Unter dem ersten Präsidenten des jungen russischen Staates, Boris Yeltsin, wurde 1991 der NATO-Beitritt seines Landes erklärt(3). Ein Jahr zuvor wollte Michail Gorbatschow die Sowjetunion in das Nordatlantische Bündnis integrieren. 1994 unterzeichnete Russland offiziell das Programm „NATO Partnership for Peace“, eine militärische Kooperationsinitiative vor allem für ehemalige Länder des Sowjetblocks. US-Präsident Bill Clinton bezeichnete die Konstruktion NATO Partnership for Peace als „Weg in die NATO-Mitgliedschaft“, was sich ja auch für alle anderen ehemaligen Ostblockstaaten – bis auf Russland – bewahrheitete.
Im Gründungsvertrag der NATO (4. April 1949) wird die Einsicht verlangt, dass wirtschaftlicher Wiederaufbau und Stabilität wichtige Elemente der Sicherheit jedes NATO-Mitglieds sind. Vor diesem Hintergrund muss auch der Marshall-Plan gesehen werden. Unumwunden erklärte 1949 der erste NATO-Generalsekretär Lord Ismay die Aufgabe der NATO-Gründung:
“Keeping America IN, the Russians OUT and the Germans DOWN“(4)
sinngemäß übersetzt: Der Einfluss der Vereinigten Staaten auf Europa soll stärker werden, die Russen sollen davon ausgeschlossen bleiben und die Deutschen sollen weiterhin dominiert werden. Hintergrund dieser Überlegung war auch: ein Militärbündnis ohne äußeren Feind würde bald auseinanderfallen.
Am 19. Dezember 1949 verabschiedeten die USA den Kriegsplan „Dropshot“, mit dem 1957 die Sowjetunion angegriffen werden sollte. In der Grundannahme heißt es wörtlich: „Am oder um den 1. Januar 1957 ist den Vereinigten Staaten durch einen Aggressionsakt der UdSSR und/oder ihrer Satelliten ein Krieg aufgezwungen worden.“(5) Daraufhin sollten 300 Atombomben und 29.000 hochexplosive Bomben auf 200 Ziele in 100 Städten der Sowjetunion abgeworfen werden, um 85 Prozent der industriellen Kapazität der UdSSR mit einem einzigen Schlag zu vernichten. Der Zeitpunkt war zweifellos auf den ursprünglich geplanten Abschlusstermin der Remilitarisierung Westdeutschlands abgestimmt. Als dann jedoch 1957 Sputnik seine Kreise um die Erde zog, mussten die Kriegsplanungen überarbeitet werden, und der Zeitpunkt für Dropshot wurde vertagt. In Moskau aber ist der Plan unvergessen…
…weiterlesen hier: https://apolut.net/ukraine-spielball-zwischen-russland-und-der-nato-von-wolfgang-effenberger
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Bildquelle: Efasein / shutterstock
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