Die AfD verliert den Otto-Wels-Saal – aber am Ende verlieren wir alle
Ein Kommentar von Meinungsmonopol
Der Streit ist entschieden. Der sogenannte „Otto-Wels-Saal“ bleibt bei der SPD, obwohl die AfD mittlerweile zweitgrößte Fraktion im Bundestag ist. Die AfD darf in den alten Raum der FDP ziehen – Applaus im Ältestenrat, Schulterklopfen bei den Regierungsparteien. Und die Demokratie? Die steht derweil mit verschränkten Armen in der Ecke und fragt sich: Was zum Teufel passiert hier eigentlich?
Offiziell war alles „demokratisch“. Der Ältestenrat hat abgestimmt – Mehrheit gewonnen, Fall erledigt. So sehen es jedenfalls SPD, Grüne und Union. Doch dieser Vorgang zeigt einmal mehr, wie sehr sich die politische Klasse in symbolischen Selbstinszenierungen verliert. Es geht längst nicht mehr nur um Inhalte oder Führung – es geht um Eitelkeiten, um Reviere, um politische Machtdemonstration auf dem Niveau eines Pausenhofs.
Demokratie oder Kindergarten?
Man könnte fast lachen, wenn es nicht so ernst wäre. Denn was da gerade im Reichstag abläuft, ist kein politischer Sieg – es ist ein Eigentor für das ganze Land. Wer der AfD ohne echte Begründung einen Saal verweigert, obwohl dieser bislang stets der zweitgrößten Fraktion zustand, liefert nicht nur eine Steilvorlage für deren Opfermythos, sondern entwertet die Idee von Fairness in der parlamentarischen Ordnung.
Das mag taktisch klug erscheinen – strategisch ist es brandgefährlich. Denn was Politiker oft vergessen: Draußen sind Millionen Wähler, die diese Entscheidung sehr wohl verstehen. Und zwar nicht als raffinierte Raumpolitik, sondern als Repression gegen die Opposition – und damit auch gegen sie selbst.
Wer hier verliert, ist nicht die AfD – es ist das Vertrauen
Natürlich ist auch die AfD nicht frei von Schuld. Sie inszeniert sich gerne als Opfer, überzieht, provoziert, dramatisiert. Aber genau darin liegt ihr Erfolgsrezept. Und wenn die etablierten Parteien mit solchen Manövern das Spiel mitspielen, wirkt das nicht wie kluge Abgrenzung – sondern wie pure Angst.
Und Angst ist kein demokratisches Stilmittel.
Weder AfD-Wähler noch kritische Beobachter aus anderen politischen Lagern werden diese Aktion als souverän wahrnehmen. Im Gegenteil: Die einen fühlen sich bestätigt, die anderen fremdschämen sich für eine Politik, die immer öfter wirkt wie eine selbstverliebte Theatertruppe ohne Realitätssinn.
Was bleibt?
Ein leerer Raum – politisch und symbolisch. Der „Otto-Wels-Saal“ mag der SPD gehören, doch das Vertrauen in demokratische Prozesse bröckelt weiter. Und mit jeder inszenierten Revanche gegen die AfD verliert dieses Land ein Stück politische Kultur. Ein Stück Ernsthaftigkeit. Ein Stück Glaubwürdigkeit.
Denn am Ende war es nicht die AfD, die diesen Saal wirklich verloren hat – es war die Demokratie, die sich dort selbst ausquartiert hat.

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