Ich bin gerne unterwegs. Mal mit dem Rad, oft mit dem Auto, manchmal mit der Bahn und ab und zu auch mit dem Flugzeug. Ich bin nicht stolz darauf, aber ich lebe in dieser Welt, in diesem Land, und ich muss mobil sein. Das ist keine Bequemlichkeit, sondern Lebensrealität. Doch in der aktuellen Klimadebatte wird genau diese Realität gerne ausgeblendet. Wer Auto fährt, ist der Böse. Wer einen SUV hat, ein Feind der Zukunft. Und wer fliegt, soll sich gefälligst schämen. Willkommen in Deutschland, dem Land der moralischen Keulen.
Wir tun so, als könnte man das Klima mit dem Steuerbescheid retten. CO2-Bepreisung, Umweltabgaben, Belastungen auf Energie und Mobilität – und das alles unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit. Doch das ist keine Klimapolitik, das ist ein Ablasshandel. Bezahlen, damit man „weitermachen“ darf.
Dabei bleibt die eigentliche Aufgabe auf der Strecke: unser Leben und unsere Mobilität so zu gestalten, dass sie effizient, fair und zukunftsfähig ist. Stattdessen wird ideologisch bewertet, wer „guter Mensch“ ist und wer nicht.

Der Bahnfahrer? Held. Der Pendler im Auto? Klimasünder. Das spaltet. Es bringt nichts.
Aber lassen Sie uns einen Schritt zurücktreten. Die Bahn ist unter bestimmten Voraussetzungen eine gute Wahl – etwa in urbanen Korridoren, mit hoher Auslastung, kurzer Umsteigezeit und sinnvollen Anschlussmöglichkeiten. Doch auch die Bahn verbraucht Energie, nicht zu knapp. Bei der Beschleunigung eines ICEs wird so viel Strom verbraucht wie eine Kleinstadt an einem ganzen Tag benötigt. Und im Alltag? Stehen Züge im Tunnel, im Bahnhof, bei Kälte und Hitze. All das kostet Energie. Trotzdem wird auf dem Papier ein hervorragender CO₂-Wert pro Personenkilometer präsentiert. Wie das geht? Indem man Idealwerte und rechnerische Durchschnittswerte kommuniziert – selten aber reale Energieflüsse und Verluste.
Gleichzeitig wird das Auto dämonisiert, obwohl moderne Fahrzeuge mit mehreren Personen besetzt oft effizienter unterwegs sind als ein halb leerer Regionalzug. Doch das wird kaum kommuniziert. Stattdessen gibt es Daumen nach oben für Bahnfahrer – und den Stempel des Umweltverbrechers für alle anderen.

Ich frage mich: Wo sind eigentlich die echten Lösungen? Wo ist die massive Aufforstung in Deutschland? Warum sprechen wir nicht über Renaturierung, über smarte Mobilitätsnetze, über E-Fuels für Bestandsflotten, über CO₂-Bindung durch Humusaufbau in der Landwirtschaft?
Warum ist außenpolitisch Klimaschutz kein zentrales Thema, wenn wir über Handelsabkommen oder Entwicklung sprechen? Warum gibt es keinen klaren Plan, wie wir fossile Energie intelligent und gerecht ersetzen? Stattdessen verschieben wir Verantwortung – auf den Bürger, die Pendler, die Landbevölkerung. Und lassen gleichzeitig zentrale Infrastruktur verfallen oder bauen sie gar nicht erst aus.
Ich sage nicht, dass alles falsch ist, was heute gemacht wird. Aber ich sage: Es reicht nicht. Es ist zu einseitig, zu moralisch aufgeladen, zu wenig pragmatisch.
Zudem versickern die CO₂-Einnahmen irgendwo in unserem politisch-bürokratischen Land!
Wir brauchen eine Wende im Denken. Nicht nur ökologisch, sondern auch sozial. Wenn wir weiter die Menschen bestrafen, die auf ihr Auto angewiesen sind, während wir keine Alternativen schaffen, dann retten wir kein Klima – wir spalten unsere Gesellschaft. Wenn wir technologische Innovationen ignorieren, weil sie nicht ins aktuelle Weltbild passen, verlieren wir wertvolle Zeit.

Und wir müssen endlich begreifen: Klimaschutz ist kein Produkt, das man im Supermarkt kauft oder an der Tankstelle bezahlt. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die nur gelingt, wenn wir ehrlich, faktenbasiert und mit Mut an sie herangehen. Dazu gehören Technologien, neue Energiequellen, internationale Partnerschaften, Bildung – und ja, auch Konsumverzicht, aber bitte nicht als Selbstzweck, sondern im Sinne echter Wirksamkeit.
Ich wünsche mir eine Debatte, die ehrlicher ist. Eine Politik, die nicht nur Besteuerung kennt, sondern Gestaltung. Und eine Gesellschaft, die wieder diskutieren darf, ohne moralisch abgeurteilt zu werden.
Denn Klimaschutz braucht Menschen. Alle Menschen. Nicht nur die „richtigen“. Doch ich glaube, dieser Wunsch bleibt ein Traum.

Sag uns deine Meinung!